Sportgeschichte Ballett

Die Ursprünge des Balletts liegen im 15. und 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden an den Höfen italienischer und französischer Fürsten tänzerische Spiele und Aufführungen veranstaltet. Tänze waren damals dargestellte dramatische Handlungen. Unter dem französischen König Ludwig XIV, dem Sonnenkönig, änderte sich dies grundlegend. Der König war großer Kunstliebhaber und kultivierte an seinem Hof Tanz, Poesie und Fechten. Von seinem Hofstaat erwartete er, dass sie sich entsprechend benehmen und bewegen. Auch er selbst spielte regelmäßig Theater und tanzte gerne. Tanzen am Hof war bis zu diesem Zeitpunkt generell nur Männern vorbehalten, die dabei Masken und Kostüme trugen.

Ausschnitt eines farbigen Stiches mit dem französischen Sonnenkönig Ludwig XIV in einem Kostüm auf der Bühne.

Gemeinsam mit dem Schauspieler und Dichter Moliere und dem Komponisten Jean-Baptiste Lully sorgte er dafür, dass der Tanz in das Schauspiel integriert und als Mittel, um Geschichten zu erzählen, eingesetzt wurde. 1661 gründete der Sonnenkönig mit der „Academie Royal de Dance“ die erste Ballett-Akademie. Leiter und Lehrer war Pierre Beauchamp,  der auch die bis heute geltenden fünf Grundpositionen entwickelte. Er gilt als Gründer des französischen Stils. Er leitete auch das 1669 gegründete „Ballet d`Opera de Paris“, das Ballettensemble der Pariser Oper. Waren zu Beginn die Absätze noch vergleichsweise hoch, so wurden diese im Lauf der Zeit mit zunehmender Schwierigkeit der Schritte immer flacher. 

Farbiger Stich einer Aufführung von Baptiste Lullys Oper “Alceste” vor dem Schloß in Versailles aus dem Jahr 1678.

Im Alter von 32 Jahren hörte Ludwig XIV mit dem Tanzen auf. Und damit auch der Adel am Hof. Gleichzeitig schwappte Ballett in die Bevölkerung und die ersten Ballettschulen wurden gegründet. Damit einhergehend nahmen auch immer mehr Mädchen Ballettunterricht. Als Konsequenz gab es auch immer mehr Profitänzerinnen. Die Frauen hatten das Ballett für sich entdeckt.

Ausschnitt eines historischen Gemäldes. Darauf die Primaballerine Francoise Prevost als „Philomelé“.

1671 wurde die erhöhte Bühne erfunden. Als Konsequenz gab es nicht nur eine deutlichere Trennung zwischen Tänzern und Publikum führte, sondern auch eine Professionalisierung des Tanzes. Es gab nun nur eine Tanzrichtung und es wurde verstärkt darauf geachtet, wie der Tanz von vorne aussehen soll. Die Technik wurde genauer, um die Posen der Tänzer besser hervorzuheben.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde das Balletttanzen eine eigene Kunstform mit eigenen Regeln und Techniken. Vor allem wurden die ersten Schrittfolgen eines Balletts schriftlich festgehalten. Mit zu den Pionieren gehörte der Franzose Raoul-Auger Feuillet, der die Abfolge eines Barockballetts aufzeichnete und so die erste Tanzschrift erfand. Dadurch konnten die Stücke weltweit nachgetanzt werden. Wurden die ersten Aufzeichnungen zunächst nur für männliche Tänzer festgehalten, so änderte sich das bald.

Ausschnitt aus einem Gemälde aus dem 18. Jahrhundert. Darauf Tänzer in zeitgenössischen Kostümen.

Denn es wurde erkannt, dass Frauen ein Ideal verkörpern, dass bis heute im Ballett gilt: Anmut und Grazie. Damit übernahmen Frauen zunehmend auch die wichtigsten Rollen in einem Stück. Es war die Französin und Primaballerina an der Pariser Oper, Francoise Prevost, die die klassische Balletttechnik maßgeblich mitprägte. Im Zuge dessen wurde auch die Kleidung angepasst. Damit sich die Tänzerinnen besser bewegen und die Sprünge genauer ausführen konnten, wurden Röcke und Unterwäsche gekürzt und die Schuhe wurden weicher. Aus diesen entwickelten sich später die Schläppchen.

Einige Tänzerinnen tanzten zunehmend natürlicher und mit realistischerem Ausdruck, was dazu führte, dass die Kleider nicht nur leichter und luftiger wurden. Auch die Technik an sich veränderte sich zunehmend. Aus den Schritten und Posen wurde mehr und mehr ein leichter, eher luftiger Tanz mit Laufschritten und Sprüngen.

Historische Zeichnung aus dem Jahr 1848 mit Marie Taglioni rechts in der Hauptrolle des Stück „Fiorita“.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts beeinflusste der französische Tänzer und Choreograph Jean-George Noverre das Ballett maßgeblich:  eine Ballettaufführung sollte in erster Linie eine dramatische Geschichte erzählen. Alle getanzten Schritte sollten Teil dieser Geschichte sein.  Dazu gehörte auch das richtige Gefühl zum entsprechenden Augenblick. Als Folge dessen arbeiteten Musiker, Choreographen und Musiker jetzt zusammen. Damit das Publikum die Handlung verstand, wurde eine „Programm-Note“ mit der Handlung vorab verteilt. Bis heute werden üblicherweise Programmhefte verteilt.

Kurze Zeit später verschwanden auch die Masken aus den Aufführungen, die Gesichter der Tänzer und ihre Mimik waren jetzt zu sehen. Nicht alle Choreographen teilten Noverres Ansichten, aber das meiste konnte sich durchsetzen.

Schwarz-Weiss Fotografie von einer Gruppe an Tänzer*innen des Marjinksi-Theaters, die eine Szene aus „Schwanensee“ darstellen aus dem Jahr 1895.

Nach der französischen Revolution und mit Beginn der Romantik gegen Ende des 18. Jahrhunderts dominierten Frauen die Ballettszene. Durch die Einführung des Spitzentanzes wirkte der Tanz deutlich leichter und verträumter. Prägende Elemente der Romantik wie Mystik und das Übernatürliche wurde auch in den Ballettstücken übernommen. Die Italienerin Marie Tagelioni war die erste Frau auf Spitzenschuhen. Sie verkörperte das romantische Schönheitsideal, dass bis heute im Ballett gilt: schön, zart, weiche, fließende Bewegungen. Sie tanzte auch am Hof des russischen Zaren. Italien war im 19. Jahrhundert das führende Land hinsichtlich der technischen Weiterentwicklung des Balletts, italienische Tänzer*innen und Choreographen waren prägend. Während der Romantik wurde auch der sogenannte Charaktertanz sehr beliebt, Volkstänze aus verschiedenen Ländern eroberten die Bühne.

Gruppe bestehend aus sechs Tänzerinnen und einem Tänzer mit Perücken und bunten Kleidern.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stagnierte die Entwicklung in Europa. Die berühmten Tänzer*innen wurden alt und es gab keinen Nachwuchs. Die Ballettszene wanderte nach Russland ab, wo das klassische Ballett sehr beliebt war und die Bezahlung gut. Das Ballett erlebte dort eine Blütezeit, während der der russische Pjotr Illitsch Tschaikowski den Schwanensee, Dornröschen und den Nussknacker schrieb. Während dieser Zeit kombinierte der französisch-russische Balletttänzer Marius Petipa italienische, französische und russische Einflüsse und formte so das klassische Ballett, wie wir es heute kennen. 1847 zog er ins russische St. Petersburg und feierte mit der Ballettruppe des Marjinski-Theaters seine größten Erfolge. Neben dem Marjinski-Theater gehörte das heute legendäre Ensemble des Bolschoi-Theaters mit 155 Tänzer*innen zu den größten Ballettensembles der Welt. Beide Ballettensembles verdanken ihre Existenz Katharina der Großen, der damaligen Regentin Russlands. Anders als der durch die Romantik beeinflusste französische Stil ist der russische bis heute deutlich realistischer und mehr von Kraft und Dynamik mit einer absolut präzisen Technik beherrscht.

Schwarz-weiß-foto der Tänzerin Agripine Waganowa in klassischem Tutu aus dem Jahr 1907.

Der russische Tänzer Michel Fokine erkannte früh, dass das klassische, russische Ballett mit seiner strengen Tradition stagnierte und begann Anfang des 20. Jahrhunderts mit neuen Bewegungen und Choreographien zu experimentieren. Diese probierte er fernab von den klassischen Bühnen in Einzelveranstaltung aus und wurde kurze später als Choreograph für das neu gegründete, moderne Ensemble „Ballett Russes“ engagiert. Die Aufführungen, mit denen das Ensemble im Ausland auftraten, entsprachen eher einem dramatisch-abstrakten Bühnentanz. Der Tanz an sich war geprägt von freien Bewegungen der Arme und des Oberkörpers. Die Spitzenschuhe wurden abgeschafft, stattdessen wurde barfuß getanzt. Statt Tutus trugen die Tänzer*innen jetzt individuelle Kostüme.

Eine weitere maßgebliche Weiterentwicklung des russischen Systems wurde durch die russische Tänzerin und spätere Ballettdirektorin Agripina Waganowa auf den Weg gebracht. Sie analysierte die internationale Ballettkultur, veränderte die Ballettmethodik und schuf ein eigenes, nach ihr benanntes System, das bis heute die sogenannte Leningrader Schule und auch die klassische Ballettausbildung prägt. Unter ihrer Leitung wurden zahlreichen berühmte Tänzer*innen ausgebildet.

Seit Mitte der 1950er Jahre wurde das russische Ballett auch wieder auf den westlichen Bühnen heimisch und bildet bis heute den Gegenpol zum modernen Tanztheater. Insgesamt gibt es heute vier Ausbildungsmethoden im klassischen Ballett, die die Technik jeweils unterschiedlich aufbauen und auch die Schritte teilweise anders ausführen: die Checchetti-Methode (Italien), die englische Methode, die Waganova-Methode (Russland) und die Balanchine-Methode (USA).

Stand: 05.06.2020, 17:28 Uhr

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