Experimentalarchäologie

Hand mit Pinsel bei der Säuberung von Knochen, die in der Erde liegen. | Bildquelle: dpa/Tobias Kleinschmidt

Archäologen erforschen, wie unsere Vorfahren einst gelebt haben. Sie suchen dafür nach dem, was die Menschen aus früheren Zeiten hinterlassen haben, zum Beispiel indem sie in der Erde danach graben. Haben sie etwas entdeckt, untersuchen sie die Funde ganz genau. Häufig sind allerdings nur ein paar Reste von dem erhalten geblieben, was da ursprünglich einmal war. Die Arbeit der Archäologen gleicht oft einem Puzzlespiel, nur dass dabei viele Teile fehlen und es kein Bild mit der Gesamtansicht gibt. Häufig können die Forscher nur raten, was genau sie eigentlich entdeckt haben. Bei vielen Gegenständen ist auch unklar, wie sie benutzt und hergestellt wurden. Weil sich bestimmte Fragen durch reines Nachdenken nicht lösen lassen, gibt es die Experimentalarchäologie.

Probieren geht manchmal über Studieren

Das nachgebaute Floß hieß Kon-Tiki. Es war etwa 14 Meter lang und 5,50 Meter breit. | Bildquelle: WDR / picture-alliance / dpa

Experimentalarchäologen bauen unter anderem historische Funde nach und probieren sie aus. Dabei nutzen sie Arbeitsgeräte und Rohstoffe, von denen sie wissen, dass sie den Menschen aus der jeweiligen Epoche schon zur Verfügung standen. Das wohl berühmteste archäologische Experiment unternahm der Norweger Thor Heyerdahl. 1947 überquerte er mit seiner fünfköpfigen Crew den Pazifik - auf einem Floß! Die Überfahrt dauerte 101 Tage und führte die Männer von Peru nach Polynesien, rund 7000 Kilometer weit. Heyerdahl wollte damit zeigen, dass auch die Ureinwohner Südamerikas diese Reise mit einfachsten Mitteln geschafft haben könnten.

Wissenschaft zum Anfassen

Welche Flugbahn nahm wohl der Pfleil eines Steinzeitmenschen? Experimentalarchäologen testen es! | Bildquelle: dpa Picture-Alliance / Wolfgang Runge

Die Vielfalt archäologischer Versuche ist mittlerweile groß: Forscher schleudern zum Beispiel steinzeitliche Speere, um ihre Durchschlagskraft zu testen, stellen Leder her oder schmieden Metall. Manchmal sehen die Experimente einfach wie ein großer Spaß aus, aber wer sagt, dass Wissenschaft keinen Spaß machen kann? Ein Forscherteam experimentierte mit Nudeln: Die ältesten bekannten Nudeln waren in einem 4000 Jahre alten Topf in China gefunden worden. Man vermutete, dass sie aus Hirse gemacht waren – doch Experimentalarchäologen konnten zeigen, dass sich aus Hirse kein klebriger Nudelteig herstellen lässt. Das historische Nudelrezept bleibt vorerst ein Rätsel. Archäologische Experimente bringen also nicht immer eine klare Erkenntnis. Aber sie geben den Forschern Hinweise darauf, wie wahrscheinlich ihre Ideen und Theorien sind.

Was ist keine Experimentalarchäologie?

Spannend anzuschauen, aber keine Experimentalarchäologie: das Treiben auf Mittelaltermärkten. | Bildquelle: WDR / Paul Eckenroth

Auch in Freilichtmuseen oder auf Mittelaltermärkten kann man bestaunen, wie historisch gekleidete Menschen alte Handwerkskünste vorführen. Das ist aber keine Experimentalarchäologie. Denn es geht dabei nicht ums Forschen, sondern vor allem darum Geschichte lebendig werden zu lassen. Experimentalarchäologen müssen ihre Versuche dagegen genau dokumentieren und auswerten. Nach dem Experiment wartet deshalb eine Menge Schreibtischarbeit!