Zwei Mal im Jahr warten Schülerinnen und Schüler gespannt auf ihre Zeugnisse.
In Deutschland bekommen alle Schüler:innen zwei Mal im Jahr Zeugnisse: im Winter und vor den Sommerferien. Auf den meisten Zeugnissen stehen Zensuren – für jedes Fach eine, von Eins bis Sechs. Wer im Sommer zwei Fünfen oder eine Sechs auf dem Zeugnis hat, wird nicht versetzt. In einigen Bundesländern stehen auch sogenannte Kopfnoten auf den Zeugnissen. Diese Noten sollen das Sozialverhalten – wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Selbständigkeit oder Lernbereitschaft – der Schüler:innen beurteilen.
Die Geschichte des Zeugnisses
Schon seit vielen Jahren werden Schüler:innen im Unterricht bewertet – bereits bei den alten Römern war das so. Damals gab es allerdings noch keine Zensuren. Statt den Schüler:innen Noten zu geben, stellten die Lehrer:innen sie der Reihe nach auf: Die besten Schülerinnen und Schüler durfte ganz vorne stehen – das war dann so wie eine Eins auf dem Zeugnis. Und die schlechteren Schüler:innen standen weiter hinten.
Hilfe für arme Kinder
Nur wenige Familien konnten es sich vor 300 Jahren leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken.
Im 16. Jahrhundert – also viele Jahre später – entstand das erste richtige Zeugnis auf Papier. Es hieß Benefizienzeugnis, auch das ist lateinisch und bedeutet ‚Wohltätigkeitszeugnis’. Dieses Benefizienzeugnis half nämlich Kindern aus armen Familien, zur Schule gehen zu können: Der Schulbesuch kostete damals noch Geld und arme Familien konnten sich das nicht leisten. Wer ein gutes Benefizienzeugnis bekam, durfte aber trotzdem zur Schule gehen. In den Benefizienzeugnissen standen damals allerdings keine Noten, sondern Texte über die Leistungen, den Fleiß und das Verhalten des Schülers oder der Schülerin. Kinder mit reichen Eltern durften jederzeit zur Schule gehen – sie brauchten kein Benefizienzeugnis.
Sitzordnung nach Leistung
Seit 50 Jahren werden Schüler:innen mit Noten von Eins bis Sechs bewertet.
Im 19. Jahrhundert wurde das allerdings geändert: Eine neue Schuldordnung trat in Kraft, die für alle Schülerinnen und Schüler galt – egal ob arm oder reich. Wie schon bei den alten Römern wurden die Mädchen und Jungen nach Leistung aufgereiht: Schlechte Schüler:innen saßen in der letzten Reihe, mittelmäßige in den mittleren Reihen und die besten Schüler:innen saßen ganz vorn in der ersten Reihe. Wurde die Leistung eines Schülers oder einer Schülerin besser, hatte er oder sie die Chance ‚versetzt’ zu werden. Das ständige Umsetzen war sehr anstrengend für die Lehrer:innen, also erfand man ein neues System: die Noten. Zahlen ersetzten die Sitzordnung. Das Notensystem sah allerdings überall etwas anders aus: Manche Lehrer:innen vergaben Noten von Eins bis Drei, andere von Fünf bis Eins. Das machte es für Schüler:innen schwer, sich untereinander zu vergleichen.
Schriftliche Beurteilung statt Noten
Keine Noten: In den ersten Grundschulklassen und an Waldorfschulen gibt es schriftliche Beurteilungen.
Deshalb wurde vor etwa 50 Jahren auch festgelegt, dass alle Schüler und Schülerinnen in Deutschland mit den gleichen Noten bewertet werden sollen. Und zwar von Eins bis Sechs. Das ist aber nicht überall auf der Welt gleich: In den USA gibt es zum Beispiel Noten von A bis F, in der Schweiz ist die Sechs die beste Zensur und die Eins die schlechteste, und in Schweden und Norwegen ist es sogar so, dass die Schüler:innen bis zur achten Klasse gar keine Noten bekommen, sondern schriftlich beurteilt werden. In Deutschland gibt es übrigens auch besondere Schulen, auf denen Schüler:innen bis zur neunten Klasse keine Noten sondern schriftliche Beurteilungen bekommen: die Waldorfschulen.
Stand: 10.11.2022, 13:42 Uhr